Wilde Vielfalt in der kleinsten Stadt

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Die Hardeggerin Sigrid Enzenhofer erzählt von tierischen Begegnungen

Hardegg, ein Städtchen, in dem sich Fuchs und Hase "gute Nacht" sagen? Mitnichten. Doch kam es schon vor, dass in der Nacht Füchse durch meinen Garten streiften, um vielleicht auf dem Kompost Fressbares zu finden.

Als ich einmal zeitig in der Früh meine Gartentüre zur Fugnitz öffnete, flog plötzlich etwas Großes vor mir auf. Es war ein Schwarzstorch, der sich wohl im Bach sein Frühstück holte. Er war in diesem Moment ebenso erschrocken, wie ich. Aber es freute mich, diesen beeindruckenden, seltenen Vogel so nahe gesehen zu haben.

Das Leben in der Natur- und Tierwelt erfüllt mich immer wieder mit Demut. In der Früh glänzen im Sonnenlicht Tautropfen wie Perlen in Spinnennetzen. Jeden Frühling freut es mich, wenn ich den ersten Zitronenfalter sehe. Ebenso ergeht es mir, wenn im Sommer Glühwürmchen in der Dunkelheit wie Smaragdsplitter leuchten, um Weibchen anzulocken. Allerdings beim Anblick der Gottesanbeterin und Spinnen bedauere ich die Männchen....

Oft stehe ich staunend vor den prächtigen Königskerzen, die von alleine aufgehen, noch dazu im steinigsten Winkel meines Gartens, wo sonst nichts gedeiht.

Nicht nur Vögel, bunte Schmetterlinge und Libellen  gehören in den Garten, sondern auch Kröten, Maulwürfe und Schlangen. Man muß sich halt, wie immer im Leben, arrangieren. Maulwurfshügel werden vor dem Mähen abgegraben, dafür gibts frische Erde für die Beete. Die Furcht vor Schlangen ist unbegründet, sie flüchten ohnehin, wenn man sich nähert und eine " Hauskröte" bringt Glück.

Nirgendwo kann es eine so angenehme Atmosphäre bei der Arbeit geben, wie im Garten. Alle Sinne werden dabei befriedigt. Meine Hände haben Kontakt zur Erde, zu der auch ich einmal werde, während meine Augen viel Schönes und immer wieder Neues sehen.  In einem Meer von Wohlgerüchen befinde ich mich im größten Konzertsaal, in dem Sänger in bunten Federkleidern ihre Lieder singen. Auch das Summen der Bienen ist Wohlklang in den Ohren, ebenso das Quaken der Frösche am Abend. Und wenn ich die ersten Beeren vom Himbeerstrauch auf der Zunge zergehen lasse, ist mir klar, dass diese Köstlichkeit nur direkt vom Strauch diesen Genuß ausmacht.

Wenn der Tag zur Neige geht und die Vögel besonders laut bekunden, dass sie nun schlafen gehen, werden die Fledermäuse aktiv, um sie abzulösen.

Spät am Abend lockt mich der Schrei des Kauzes noch einmal hinaus. Gerne verweile ich einige Zeit in der Stille und atme die würzige Luft ein. Dabei empfinde ich dann ein großes Maß an Freiheit und Zufriedenheit.

Foto: P.Lazarek
24.05.2018

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