Die Inventur im Wald

In den letzten zehn Jahren ging der Anteil der Nadelbäume deutlich zurück. Der Thayatal-Wald entwicklet
In einem Nationalpark kann sich die Natur frei entwickeln. Was heißt das konkret für das Thayatal? - Es gibt immer mehr Laubbäume und das Totholz im Wald nimmt eifrig zu.
Soweit die Theorie, aber lässt sich das auch hieb- und stichfest beweisen?
Ja, und zwar mit einer "Waldinventur". Wie das funktioniert? - Nun, man schaut sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an, wie es um den Zustand des Waldes bestellt ist und zehn Jahre später - so der Usus - schaut man erneut hin und stellt fest, was sich über die Jahre alles getan hat.
Im Nationalpark Thayatal gab es 2002 die erste Inventur. Zu diesem Zweck wurden an 412 Punkten verteilt über das ganze Nationalparkgebiet alle Baumarten, inklusive Höhe und Durchmesser erfasst, das Totholz, die Kraut- und Strauchschicht erhoben und auch Daten zu Wildverbiss und Wildtierlosung aufgenommen. "2012, also zehn Jahre später, suchte das Inventur-Team diese Punkte erneut auf, um entsprechende Vergleichswerte zu erhalten", erklärt Nationalpark-Förster Wolfgang Riener.



Und wie hat sich der Wald in den letzten Jahren entwickelt?
Die erste Erkenntnis lautet - wenig überraschend: Die Nadelbäume haben deutlich abgenommen. 50 Prozent weniger Fichten, 45 Prozent weniger Kiefern und 13 Prozent weniger Lärchen. Wenig überraschend deswegen, weil der Nationalpark Thayatal gezielte Renaturierungsmaßnahmen durchführte, um ehemalige Wirtschaftswälder - vor allem Fichtenreinbestände -  in die für das Thayatal typische Waldvegetation überzuführen. Und diese ist vor allem durch Laubbäume bestimmt. Das bestätigte auch die Inventur, denn Fichte, Kiefer und Co. verjüngen sich kaum mehr. Lag der Anteil an aufkommenden Jungbäumen 2002 noch bei 1 Prozent, so sind es 2012 nur mehr 0,4 Prozent "Nadelbaum-Nachwuchs".
"Das ist ein verschwindend kleiner Anteil. Die Entwicklung geht eindeutig in Richtung Laubbäume", sagt Wolfgang Riener. Und diese können durchaus stattliche Maße annehmen. Die größte Rotbuche des Nationalparks etwa hat einen Brusthöhendurchmesser von 115 Zentimetern und streckt ihre Zweige bis in 40 Meter Höhe aus. Nicht schlecht.



Also, die erste "Theorie" wäre damit bewiesen. Wie sieht es mit der zweiten aus, wie steht es um das Totholz? Außerordentlich gut, lautet auch hier die Antwort der Inventur. Die Totholzmenge, stehend wie liegend, hat sich über den Verlauf der zehn Jahre mehr als verdoppelt! Und auch die Flächen, auf denen Totholz zu finden ist, haben sich merklich ausgebreitet. "Was uns besonders freut, ist die Tatsache, dass der Anteil an großem, stärkeren Totholz zugenommen hat", erklärt der Nationalpark-Förster. Während 2002 nur 10 Prozent der toten Bäume einen Stammdurchmesser von mehr als 30 Zentimeter aufwiesen, waren es 2012 bereits 30 Prozent. Warum die Größe zählt? "Spechte sind wichtige Höhlenbauer im Wald, nicht nur für sich selber, sondern auch für zahlreiche andere Tierarten wie Fledermäuse oder Wildbienen. Damit sie diese Funktion erfüllen können, muss das stehende Totholz auch eine gewisse Dicke haben", sagt Wolfgang Riener.



Der Nationalpark ist also auf dem richtigen Weg. Das wussten wir natürlich schon längst, aber mit der Inventur haben wir es jetzt schwarz auf weiß!
21.10.2015

Nationalpark Thayatal Blog